Dieser Bericht beleuchtet die Entwicklung einer 16-jährigen Jugendlichen (Pseudonym „Lena“), die nach einem schwierigen familiären Hintergrund und einer Borderline-Diagnose in dem Sozialpädagogischen Jugendhaus Allach aufgenommen wurde. Der Fokus liegt auf ihrer schrittweisen Stabilisierung, der Übernahme von Eigenverantwortung und der Förderung ihrer individuellen Ressourcen. Dabei wird erkennbar, wie sich eine werteorientierte, achtsame und gleichzeitig zielgerichtete Begleitung positiv auf die Entwicklung der Jugendlichen auswirken kann.
Lena kam mit 16 Jahren in unsere Wohngruppe, geprägt von unsicheren Familienverhältnissen sowie einer bereits diagnostizierten Borderline-Persönlichkeitsstörung. Ihre anfänglichen Selbstverletzungen und Abhängigkeitstendenzen gegenüber Bezugspersonen trugen maßgeblich zu einer angespannten Situation bei. Zu Beginn fiel es ihr schwer, eigene Bedürfnisse zu formulieren. Stattdessen passte sie sich stark an andere Jugendliche an, ohne ihre eigenen Wesenszüge zu zeigen.
Um Lena in ihrer Emotionsregulation und Selbstwahrnehmung zu unterstützen, führten wir regelmäßige Einzelgespräche, stellten ihr eine Skills-Box zur Verfügung und ermutigten sie, sich vertrauensvoll an unser Team zu wenden. Diese wertschätzende, auf Freiwilligkeit basierende Herangehensweise half ihr, eigene Handlungsspielräume zu entdecken. Nach kurzer Zeit erkannte sie, dass der Kontakt zu einer Mitbewohnerin sie aber belastete. Auf ihren Wunsch hin wechselte sie – begleitet durch unser pädagogisches Fachpersonal – in ein anderes Zimmer. Dieser Schritt war für sie ein wichtiger Meilenstein, da sie eigenverantwortlich handelte und somit negative Einflüsse verringerte.
Parallel dazu kam es zu wesentlichen Verbesserungen in ihrem Alltag. Der zunächst notwendige Weckdienst konnte abgebaut werden, da sie allmählich mehr Selbstdisziplin entwickelte und aus eigenem Antrieb zur Schule ging. Ihre Motivation und ihr Engagement zeigten sich auch darin, dass sie sich eigenständig um einen Schulwechsel bemühte. In fortlaufender Zusammenarbeit mit externen Therapeut*innen und unter Einbezug ihrer eigenen Wünsche sowie Fähigkeiten setzte sie sich weiter mit ihren Gefühlen auseinander. Dabei erfuhr sie bei uns Zutrauen und Stärkung, ohne bevormundet zu werden.
Wesentlich war es, Lenas Ressourcen gezielt zu fördern: Sie erhielt Raum, eigene Ideen einzubringen und ihre persönlichen Stärken im Alltag einzusetzen. Dadurch fühlte sie sich anerkannt und konnte im sozialen Miteinander wachsen. Ihre Reflexionsfähigkeit zeigte sich zudem darin, dass sie gesunde Distanz zu ihrer Familie aufbaute und ihr Wohlbefinden in den Vordergrund stellte. Seit Juni 2024 ist sie stabil und verletzt sich nicht mehr. Mittlerweile spricht sie offen über ihre Entwicklung, äußert Stolz auf ihre Fortschritte und hält ein festes Vertrauensverhältnis zu uns.
In den vergangenen sieben Monaten ließ sich ein klarer Aufwärtstrend beobachten: Neben einer verbesserten Schulmotivation und Tagesstruktur engagiert sie sich aktiv bei anfallenden Tätigkeiten und denkt zukunftsorientiert über einen Aushilfsjob nach. Die konsequente Begleitung durch eine wertschätzende, klare und empowernde pädagogische Haltung trug entscheidend zu ihrer Stabilisierung und ihrem wachsenden Selbstvertrauen bei. Ihre Motivation, langfristig selbstbestimmt zu leben, zeigt sich darin, dass sie neue Herausforderungen annimmt und ihre vorhandenen Kompetenzen gezielt weiterentwickelt.
Dieses Fallbeispiel verdeutlicht, wie eine konsequente und zugleich einfühlsame Begleitung Jugendlichen helfen kann, ihre eigenen Potenziale zu erkennen und Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Die enge Kooperation im Team, der behutsame Umgang mit psychischen Krisen und die Übertragung von Eigenverantwortung haben eine wertvolle Grundlage für Lenas positive Entwicklung geschaffen.
Autor: KomMa
Kommunikation und Marketing der Diakonie Rosenheim