Viele Angebote der Diakonie Rosenheim sollen ein soziales Zusammenleben ohne Ausgrenzung ermöglichen. Das gelingt jedoch oft nur dank der Hilfe Ehrenamtlicher oder der Unterstützung durch Spenderinnen und Spender. Ein Beispiel hierfür sind die Tafeln, die die Diakonie Rosenheim betreibt. Ohne gespendete Lebensmittel und den Einsatz zahlreicher ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer wär die Aufrechterhaltung dieser Angebote nicht möglich.
Im Interview erzählt Claudia Vill (Foto unten), ehrenamtliche Leiterin der Tafel in Bruckmühl, was sie an ihrem sozialen Engagement begeistert und wo sie Herausforderungen in der Zukunft sieht.
Seit wann sind Sie ehrenamtlich tätig und wie begann Ihr Engagement?
Ich bin seit 18 Jahren bei der Tafel aktiv. Mein Engagement begann, als ich in der Zeitung las, dass es eine Tafel in Bruckmühl geben wird. Mir und meiner Familie ging es immer gut – wir haben viel gearbeitet, aber dafür ging es uns auch gut. Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas zurückgeben kann und die Mitarbeit eine sinnvolle Aufgabe für mich wäre. So fing ich an, bei der Ausgabe zu helfen – und das hat mich bis heute nicht losgelassen.
Was motiviert Sie, sich ehrenamtlich zu engagieren?
Es gibt mir einfach unglaublich viel zurück. Wenn ich sehe, wie dankbar die Menschen sind, die wir unterstützen, freut mich das. Es ist ein schönes Gefühl, innerhalb der eigenen Möglichkeiten anderen helfen zu können. Helfen tut nicht nur den anderen gut, sondern auch einem selbst. Und ich bekomme Anerkennung aus meinem Umfeld. Das freut mich natürlich auch.
Welche Aufgaben übernehmen Sie konkret?
Ich bin mittlerweile die Leiterin der Bruckmühler Tafel, eine Aufgabe, die ich vor 3 Jahren übernommen habe. Dabei geht es nicht nur um die Organisation der wöchentlichen Ausgaben, sondern auch um viel Hintergrundarbeit: von der Koordination der Ehrenamtlichen über die Zusammenarbeit mit Supermärkten und lokalen Händlerinnen und Händlern bis hin zur Verwaltung und technischen Instandhaltung – das Spektrum ist riesig und eigentlich für eine Person zu viel. Ich bin auch schon auf der Suche nach Unterstützung.
Welche Herausforderung sehen Sie hinsichtlich der ehrenamtlichen Unterstützung?
Ein großes Problem ist der Mangel an jüngeren Ehrenamtlichen. Viele unserer Helferinnen und Helfer sind im Rentenalter und die körperliche Belastung, etwa beim Tragen schwerer Kisten, ist hoch. Außerdem sind die Rentnerinnen und Rentner von heute viel aktiver, fahren in den Urlaub, machen Ausflüge. Da bleibt weniger Zeit für das Ehrenamt. Wir brauchen dringend auch jüngere Leute, die sich langfristig engagieren.
Wie können Interessierte helfen und was raten Sie ihnen?
Ich rate allen, es einfach mal auszuprobieren. Ehrenamtliches Engagement gibt einem unglaublich viel zurück. Es muss nicht jeder jede Woche dabei sein. Auch einmal im Monat zu helfen, macht einen Unterschied. Wichtig ist jedoch Verbindlichkeit. Wir müssen uns auf unsere Ehrenamtlichen verlassen können, sowohl bei der Ausgabe als auch beim Abholen und Sortieren der Lebensmittel.
Was hat sich sonst über die Jahre an der Arbeit bei der Tafel verändert?
Es ändert sich ständig etwas. Wir sagen immer „das einzig Beständige an der Tafel ist die Veränderung“. Aber momentan ist es vor allem die Menge an Hilfsbedürftigen. Zuerst war es die Corona-Pandemie, dann die Flüchtlingskrise und nun der Ukraine-Krieg. Wir hatten zeitweise doppelt so viele Kundinnen und Kunden wie vorher und mussten zuletzt in diesem Sommer sogar einen Aufnahmestoff verhängen. Gleichzeitig sind Supermärkte effizienter geworden: sie disponieren besser und verkaufen nicht mehr lang haltbare Produkte für einen geringen Preis selber. So kommt weniger bei uns an, während gleichzeitig die Zahl an Hilfsbedürftigen steigt.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um diesem Trend entgegenzuwirken?
Wir führen verschiedene Aktionen mit den Supermärkten durch: beispielsweise fordern wir bei „Eins Mehr“ Supermarktkundinnen und -kunden auf, ein weiteres Produkt zur Spende an die Tafel zu kaufen, bei der „Rewe-Tüten-Aktion“ können Supermarktbesucherinnen und -besucher schon eine fertige Tüte mit haltbaren Lebensmitteln für uns kaufen. Aber auch hierfür brauchen wir Ehrenamtliche, welche an den Aktionstagen Kundinnen und Kunden vor dem Supermarkt ansprechen. Schön ist es außerdem, wenn Schulen Aktionen wie einen Spendenlauf für uns starten. Das unterstützt uns nicht nur finanziell, sondern bringt auch schon die Jungen mit dem Thema in Berührung. Langfristig ist es aber wichtig, dass wir es schaffen, einen Weg zu finden Fehl- und Überproduktionen von den Herstellern direkt über Zentren in Deutschland an alle Tafel zu verteilen.
Welche weitere Unterstützung benötigen Sie neben Lebensmittelspenden?
Lebensmittel sind natürlich der Kern unserer Arbeit, aber wir benötigen auch Kühlfahrzeuge, müssen die Miete für unsere Räumlichkeiten bezahlen, Kühlschränke erneuern und so weiter. Sonst kommen die Lebensmittel gar nicht erst bei den Hilfsbedürftigen an. Daher sind wir neben der ehrenamtlichen Unterstützung und den Lebensmittelspenden auch auf Geldspenden angewiesen, um unseren Betrieb am Laufen zu halten. An dieser Stelle möchte ich mich bei jedem bedanken, der uns schon einmal unterstützt hat!
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Tafel?
Ich hoffe, dass wir weiterhin genug Unterstützung von Spendern und Freiwilligen erhalten, um unsere Arbeit fortsetzen zu können. Außerdem wäre es toll, wenn die technische und organisatorische Unterstützung durch standardisierte Abläufe oder Handbücher verbessert werden könnte. Eine Tafel zu leiten ist keine einfache Aufgabe – jede Hilfe zählt!
Welche besonderen Momente bleiben Ihnen in Erinnerung?
Es gibt viele schöne und bewegende Momente. Besonders rührend war es, als wir einmal Weihnachtsbäume aufgestellt hatten, welche die Familien mitnehmen konnten. Die Freude der Kinder, die sich ihren Wunschbaum aussuchen konnten, war einfach unbezahlbar. Oder die Karten, die wir zu Weihnachten erhalten – all das zeigt, wie viel unser Engagement bedeutet.
Das Foto oben zeigt Tafelleiterin Claudia Vill (3. v. r.) mit dem ehrenamtlichen Team der Tafel Bruckmühl.
Die Tafel Bruckmühl ist wie viele weitere Angebote der Diakonie Rosenheim auf Zeit-, Sach- und Geldspenden angewiesen. Wir bedanken uns an dieser Stelle ganz herzlich für jede Hilfe!
Im Spenden-Bereich unserer Website informieren wir Sie gern über unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten.
Das Interview führte Christina Wozniak
Fotos: Christina Wozniak

Autor: KomMa
Kommunikation und Marketing der Diakonie Rosenheim