Welche psychologischen Mechanismen stehen hinter Glücksspielsucht? Wie kann Beratung helfen – und was leisten gesetzliche Regelungen? Bei einer Fachveranstaltung der Diakonie Rosenheim trafen sich Mitte September Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Praxis und Glücksspielbranche, um über Ursachen, Herausforderungen und Schutzmaßnahmen zu sprechen.
Glücksspielsucht ist ein gesellschaftlich oft unterschätztes Phänomen – rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen. Lena Lorenz, Leiterin der Fachambulanz für Suchterkrankungen der Diakonie Rosenheim, hatte daher Expertinnen und Experten eingeladen, über aktueller wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Rahmenbedingungen und praktische Erfahrungen zu diskutieren.
Zwischen Forschung und Alltag: Ursachen erkennen, Hilfe stärken
Dr. Tobias Hayer, Leiter der Arbeitseinheit Glücksspielforschung an der Universität Bremen, zeigte in seinem Vortrag auf, wie Spielanreize, Risikogruppen und psychologische Mechanismen zusammenwirken. Besonders gefährlich sei, dass das Glücksspiel als harmloses Freizeitvergnügen erscheine, dabei sei der primäre Anreiz oft schlicht das Geld. Für Hayer steht fest: „Wir müssen in die Köpfe der Bevölkerung bekommen, dass Glücksspielsucht eine Krankheit ist – keine Willensschwäche.“
Konrad Landgraf von der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern betonte, dass Suchthilfe keine Kür, sondern eine gesellschaftliche Pflicht sei. Der Glücksspielstaatsvertrag verpflichte Anbieter zu Sozialkonzepten, Früherkennung und im Ernstfall auch zur Sperrung – Maßnahmen, die dringend notwendig seien.
Praxis der Hilfe: Beratung, Stabilisierung und Entlastung
Lejla Asenov, Mitarbeiterin der Fachstelle Glücksspielsucht bei der Diakonie Rosenheim, berichtete aus dem Beratungsalltag: Die Belastung der Betroffenen und ihrer Angehörigen sei oft enorm. Die Fachstelle biete daher individuelle, vertrauliche und unverbindliche Hilfe – nicht nur für Betroffene, sondern auch für deren soziales Umfeld. Dabei gehe es nicht nur um die Sucht selbst, sondern auch um die Stabilisierung des gesamten Lebensumfelds.
Hier setzt auch die Schuldnerberatung der Diakonie Rosenheim an. Nadine Hausburg, Leiterin der Schuldnerberatung, schilderte, dass finanzielle Notlagen oft erst bewältigt werden können, wenn die Sucht erkannt und behandelt wurde. „Wenn es den Menschen wieder besser geht, wenn sie stabil sind, kann man gemeinsam überlegen, wie der Weg aus der Verschuldung aussehen kann“, so Hausburg.
Gemeinsame Verantwortung im Dialog
In der abschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, wie wichtig die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist – von Beratung und Wissenschaft bis hin zu Glücksspielanbietern. Peter Hüller von der Hüller Spielhallen GmbH zeigte sich offen für Regulierung und lobte das bundesweite Sperrsystem OASIS als effektives Schutzinstrument für gefährdete Personen.
Die Veranstaltung der Diakonie Rosenheim machte deutlich: Der konstruktive Austausch zwischen Praxis, Forschung und GlĂĽcksspielbranche ist notwendig, um gemeinsam wirksame Antworten auf eine wachsende gesellschaftliche Herausforderung zu finden.

Text: Susanne NeumannÂ
Bild: Claudia NeherÂ
