Die Schuldnerberatung der „Sozialen Dienste Oberbayern“ der Diakonie Rosenheim verzeichnet seit Beginn der Corona-Pandemie erhöhte Anfragen. Um den verschuldeten Menschen weiterhin eine schnelle Hilfe ohne längere Wartezeiten anbieten zu können, wäre ein Ausbau der Beratungsstelle erforderlich.
„Soziale Schuldnerberatung, wie sie unsere Beratungsstelle anbietet, hat den gesamten Menschen in seinem sozialen Umfeld im Blick. Das macht auch den Erfolg dieses Ansatzes aus, den zahlreiche Studien belegen“, erzählt Geschäftsbereichsleiter Sebastian Kurz. Verschuldung schränke die Lebensgrundlage vieler Menschen ein. Das sei nicht nur ein finanzielles Problem. Daher gehe es in der Beratung eben nicht nur um die Verschuldung an sich, sondern auch um den Menschen hinter den Schulden, so wie es ebenfalls das Motto der bundesweiten Aktionswoche „Der Mensch hinter den Schulden“ der „Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Verbände“ (AG SBV)ausdrückt. „Verschuldung ist immer auch eine menschliche Katastrophe“, so Kurz.
Nach Schätzungen sind – auch in Folge der Corona-Pandemie – zwei Millionen Soloselbstständige und Freiberufler/-innen von Überschuldung bedroht. „Viele Existenzen sind finanziell prekär aufgestellt. Wir sprechen da mittlerweile nicht mehr nur über Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung oder von im Niedriglohnsektor Beschäftigten. Jetzt drohen auch Menschen in Verschuldung zu geraten, die das vorher niemals für möglich gehalten hätten“, berichtet Sebastian Kurz. Das spräche dafür, dass zusätzliche gemeinnützige Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen nötig seien, vor allem im ländlichen Raum. Ein nicht ausreichendes Netz an Schuldnerberatungsstellen käme für die Kommunen am Ende teurer, da die soziale Schuldnerberatung ebenso einen nachweislich ökonomischen Nutzen aufweise. „Jeder und jede Verschuldete, dem oder der nicht zeitnah geholfen werden kann, droht eine zusätzliche Belastung für die Kommunen bei der Sozialhilfe zu werden“, fasst der Geschäftsbereichsleiter das Problem zusammen.
Menschen, die in finanzielle Not geraten seien, benötigten – unabhängig von ihrer Einkommenssituation – kompetente Unterstützung. Daher müsse ein Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle ins Gesetz geschrieben werden. Die Beratungsfachkräfte der Diakonie Rosenheim begrüßen daher ausdrücklich die jüngste Reform des Insolvenzrechtes, nach der es möglich ist, nach drei Jahren eine Schuldenbefreiung zu erhalten. Doch es seien weitere Reformen notwendig: „Die Speicherfristen von Schuldendaten bei Auskunfteien müssen deutlich kürzer werden. Dass bei der Schufa Schuldendaten drei Jahre nach Ende des dreijährigen Insolvenzverfahrens gespeichert bleiben, erschwert ehemals Verschuldeten den Neustart. Für sie ist es zum Beispiel schwer bis unmöglich, unter diesen Bedingungen eine neue Wohnung zu finden. Wohnen aber ist ein Menschenrecht, das Überschuldeten oder von Armut Bedrohten nicht vorenthalten werden darf. Daher fordern wir eine Speicherfrist bei der Schufa von höchstens einem, besser einem halben Jahr“, sagt die Schuldner- und Insolvenzberaterin Stöger.
Die Schuldnerberatungsaktionswoche „Der Mensch hinter den Schulden“ wird veranstaltet von der „Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände“. In ihr haben sich Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege auf Bundesebene, die Verbraucherzentrale Bundesverband und die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung zusammengeschlossen.
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