Werteorientierte Arbeit Wohnungsnotfallhilfe

Unser Wirken basiert auf der Würde des Menschen und den Werten Barmherzigkeit, Nächstenliebe, Toleranz, Akzeptanz, Vielfalt, Gerechtigkeit, Rechtstreue sowie den berufsethischen Prinzipien der Sozialen Arbeit. In der Wohnungsnotfallhilfe finden diese Werte besonders anschaulichen Ausdruck. Menschen, die hier ankommen, haben oft ihre Würde verloren und leben unterhalb des Existenzminimums, teilweise in extrem schlechtem körperlichen und psychischen Zustand. In der Wohnungsnotfallhilfe erhalten sie Unterstützung in Form von Wärme, Nahrung und Schutzraum. Einzige Bedingung ist die Einhaltung von Hausregeln, die dem Schutz aller Bewohnerinnen und Bewohner und Mitarbeitenden dienen.

Die Menschen, die zu uns kommen, haben oft nicht nur ihr Zuhause, sondern auch ihre Würde verloren. Sie leben unterhalb des Existenzminimums, unter extrem prekären Bedingungen. Viele dieser Menschen zeigen schwere psychische Auffälligkeiten, stehen unter dem Einfluss von Alkohol oder psychotropen Substanzen und weisen teilweise ein hohes Aggressionspotenzial auf.  Trotz dieser Herausforderungen bieten wir ihnen Wärme, Nahrung und einen sicheren Ort zum Verweilen. Unsere einzige Bedingung ist die Einhaltung der Hausregeln, die dem Schutz aller Bener*innen und Mitarbeitenden dienen.

Ein exemplarisches Fallbeispiel ist Herr X., der nach einer Reihe von Herausforderungen und persönlichen Rückschlägen in unsere Einrichtung kam. Herr X.’s Geschichte zeigt, dass der Weg zur Stabilität oft mit Rückschlägen gesäumt ist. Trotz unserer Bemühungen und Unterstützung konnte er seine Schwierigkeiten nicht gleich überwinden. Erst nach mehreren Abbrüchen, intensiver Betreuung und einer vorläufigen Betreuungsanordnung durch das Gericht konnte er in eine betreute Einrichtung umziehen, in der er sich schließlich wohl fühlte und sein Leben stabilisieren konnte.

Herr X kam aus einer Fachklinik in der er sich zur Entgiftung befand, wurde von dort aus in die Obdachlosigkeit entlassen und kam zur Übernachtung in die Herberge der Wohnungsnotfallhilfe der Diakonie. In den ersten Tagen des Aufenthaltes war ein  Polizeieinsatz erforderlich, da zwei andere Übernachtende von Herrn X. mit illegalen Substanzen versorgt wurden. Nach mehreren Gesprächen zeigte er sich zunehmend kooperativ, wurde zugänglicher und zeigte Interesse an einer Langzeittherapie, zu deren Inanspruchnahme wir ihn schlussendlich motivieren konnten. Ein begleiteter Termin zur Vorstellung in einer soziotherapeutischen Facheinrichtung verlief positiv und Herr X. erhielt eine Zusage. Die Übernahme der Kosten für den Aufenthalt wurde in die Wege geleitet und positiv beschieden. Leider verfiel Herr X noch vor Einzug in alte Verhaltensweisen und wurde rückfällig. Die Kolleginnen und Kollegen begannen vor Vorne, vereinbarten regelmäßige Gesprächstermine, Herr X stabilisierte sich phasenweise, entschied sich jedoch in Bezug auf die Einrichtung anders und hatte den Wunsch, in seiner Heimatgemeinde untergebracht zu werden und an einer Fortbildung zur Reinigungskraft teilzunehmen.

Bevor es soweit kommen konnte, entsprechende Termine zu vereinbaren, wurde Herr X wieder rückfällig, bemühte sich nicht weiter um eine Wohnung und übernachtete immer wieder in der Herberge.  Die Situation eskalierte irgendwann und aufgrund wiederholter Polizeieinsätze musste ihm ein Hausverbot erteilt werden. Er kam jedoch weiterhin in die Beratungsstelle um sich seine Sozialleistungen abzuholen, es wurden immer wieder Gesprächsangebote gemacht, meist war er jedoch nicht dazu in der Lage.

Nachdem er während einer Beratung in einem betäubungsmittelbeeinflussten Zustand kollabiert war, wurde er von zwei Kolleginnen in den „Kälteschutz“ in der Rathausstraße gebracht, da er nicht in der Lage war, den Weg dorthin alleine zu finden. Der Kälteschutz ist die letzte Anlaufstelle für Menschen, die nicht mal mehr in der Herberge unterkommen können.

Herr X kam dennoch immer wieder in die Beratungsstelle. Er konnte teilweise nicht mehr verständlich sprechen, in besseren Phasen wurden ihm immer wieder Unterstützungsmöglichkeiten aufgezeigt. Herr X. konnte dann in eine der Rosenheimer Obdachlosenunterkünfte eingewiesen werden, sein Zustand verschlechterte sich zusehends. Er berichtete von merkwürdigen Überzeugungen, dass er überwacht und gechipt sei. Eine Therapie war weiterhin kein Ziel für ihn. Durch intensive Beziehungsarbeit konnte er zu einem Besuch bei einem Psychiater motiviert werden, die Einnahme von Psychopharmaka wurde empfohlen. Dies lehnte er jedoch ab und zeigte zunehmende Unruhe und Verwirrung.

Daraufhin wurde eine gesetzliche Betreuung angeregt. Nach einem Gutachten und einer vorläufigen Betreuung durch das Betreuungsgericht zeigte Herr X. dennoch weiterhin keine Einsicht bezüglich Medikamenteneinnahme.

Herr X wurde über viele Monate in diesem Zustand begleitet, betreut und in stabilen Phasen versucht, eine Veränderungsmotivation zu erreichen. Schlussendlich schaffte er es, eine Entgiftung anzutreten und anschließend in eine soziotherapeutische Einrichtung zu ziehen. Seitdem lebt er dort und es geht ihm gut.

Unsere Mitarbeitenden arbeiten unter herausfordernden Bedingungen. Trotzdem prägen Toleranz und Akzeptanz unsere Arbeit, während wir bedingungslose Unterstützung anbieten und die Vielfalt der Menschen wertschätzen. Gerechtigkeit ist für uns von zentraler Bedeutung, und wir helfen Menschen, ihre Rechte einzufordern und zu verteidigen. Unser Ziel ist es, Menschen in Not zu unterstützen und ihre Lebenssituation nachhaltig zu verbessern. In der Wohnungsnotfallhilfe durchleben wir Prozesse mit vielen Höhen und Tiefen. Dennoch bleiben wir unserem Wertesystem treu und setzen uns weiterhin mit Leidenschaft für diejenigen ein, die unserer Hilfe bedürfen.

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Autor: admin

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