Neues Gesprächsformat zur betrieblichen Inklusion startet im Mai 2022

Seit Anfang 2018 stellen „Andere Leistungsanbieter“ in Deutschland für Menschen mit einer Einschränkung, die zur Erwerbsminderung oder Werkstattbefähigung führt, eine Alternative zur Werkstatt dar. So auch bei der Diakonie Rosenheim. Mit ihren „Sozialen Diensten Oberbayern“ unterhält sie Inklusions- und Beschäftigungsbetriebe, die seit September 2019 vom Angebot des „Anderen Leistungsanbieters“ ergänzt werden. Denn: Inklusion und die Teilhabe am Arbeitsleben sind gestzlich verbriefte Rechte, die im Bundesteilhabegesetz (BTHG) geregelt sind.

Über Probebeschäftigungen in Kooperationsbetrieben des allgemeinen Arbeitsmarkts sollen die Teilnehmenden des „Anderen Leistungsanbieters“ in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gebracht werden. Dabei werden sowohl die Teilnehmenden, als auch die Betriebe von den Mitarbeitenden der Maßnahme beraten. Ziel dabei ist es, Menschen mit Beeinträchtigung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

„Gestartet sind wir damals 2019 mit vier Teilnehmenden im Berufsbildungsbereich, aktuell betreuen wir 19 Personen“, erzählt Michael Jahn, Betriebswirt  und Leiter des Bereichs „Kompetenzzentrum für berufliche Teilhabe und Anderer Leistungsanbieter“ bei der Diakonie Rosenheim, stolz.
Am Anfang der Betreuung klären Jahn und sein Team die Teilnehmer/-innen über alle Alternativen zur Werkstatt auf, machen aber auch klar, was sie von ihnen erwarten. „Motivation und die Einsicht, dass sie Unterstützung brauchen und annehmen wollen, sind wichtige Voraussetzungen für die Vermittlung. Und die Teilnehmenden müssen mobil sein und sich selbstständig im öffentlichen Personennahverkehr bewegen können, denn es gibt keinen Fahrdienst zu den Betrieben. Das heißt, die Teilnehmenden müssen in der Lage sein, ihren Arbeitsplatz eigenständig zu erreichen“, gibt Jahn zu bedenken. Daher sei auch nicht jeder Mensch mit einer Beeinrächtigung automatisch für das Angebot des „Anderen Leistungsanbieters“ geeignet. Außerdem komme hinzu, dass es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt insgesamt weniger Schutz und eine höhere Belastung gebe als in der Werkstatt. „Wer also nicht gut kommunizieren und beispielsweise sagen kann, dass er Hilfe benötigt, den können wir auch zu dessen eigenen Schutz ebenfalls nicht nehmen“, betont Jahn.

Ludwig – von der Schulbank zum Arbeitsplatz

Jemand, bei dem die Teilnahme beim „Anderen Leistungsanbieter“ wunderbar klappte, ist Ludwig. Der junge Mann mit Down Syndrom wandte sich bereits in seinem letzten Jahr an der Rosenheimer „Philipp Neri Schule“ an den „Anderen Leistungsanbieter„. Für ihn stand von Anfang an fest, dass er in seinem Traumberuf als Helfer auf der Kinderklinik „Kind im Zentrum Chiemgau“ (KIZ) in Aschau arbeiten möchte.

Nachdem Ludwig bereits während seiner Schulzeit Kontakte zur Klinik in Form eines Praktikums hergestellt hatte, konnten die Mitarbeitenden der Maßnahme diese Beziehungen vertiefen, organisatorisch tätig werden und durch ihre unterstützende Arbeit während der Maßnahme seinen jetzigen Arbeitgeber davon überzeugen, den Schritt mit Ludwig und den Mitarbeitenden des „Anderen Leistungsanbieters“ gemeinsam zu wagen und zu gehen.

Einen Schritt, den bisher weder die Klinik noch der Teilnehmer bereuen! So ist Ludwig nun seit mehr als drei Monaten tatsächlich in seinem Wunschberuf tätig. In einem einmonatigen Praktikum im Küchenbereich konnte Ludwig überzeugen und seine Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit seines Arbeitgebers erledigen, was ihn befähigte, die nächste ‚Stufe‘ zu erklimmen: arbeiten auf der Bergstation im Klinikum Aschau.

Dort begleitet er die Pflegekräfte auf Station, hilft dabei, die kleinen Patientinnen und Patienten zu schieben, kümmert sich um die Desinfektion der Blutdruckmessgeräte, beklebt Akten und Türschilder bei neuen Patientenankünften oder begrüßt schon mal – immer gut gelaunt – Neuankömmlinge an der Rezeption der Station.

Die Zufriedenheit seines Arbeitgebers wird auch in der Aussage seiner Chefin deutlich. Denn: „Ludwig ist einfach klasse! Er hängt sich total rein, ist sehr interessiert und versteht sich hervorragend mit seinen Kolleginnen und Kollegen. Zudem hat er einen super Draht zu unseren kleinen Patientinnen und Patienten und wir freuen uns alle, ein neues Teammitglied bei uns im Haus zu haben.“

Neues Gesprächsformat des Kompetenzzentrums startet im Mai 2022

Um Menschen wie Ludwig künftig noch besser/schneller in den allgemeinen Arbeitsmarkt vermitteln zu können, haben Michael Jahn und sein Team des „Kompetenzzentrums für berufliche Teilhabe“ ein neues Veranstaltungsformat ins Leben gerufen, das am 19. Mai 2022 erstmals in Mietraching in Räumlichkeiten der Diakonie Rosenheim stattfindet. „Wir haben bereits mit 37 Betrieben zusammengearbeitet, möchten aber zu Gunsten der von uns betreuten Menschen gern noch mehr Arbeitgeber ‚ins Boot holen'“, erklärt Jahn das Vorhaben. „Zu diesem Zweck möchten wir mittels einer Podiumsdiskussion zu einem Erfahrungsaustausch unter den Betrieben beitragen und über das Angebot des ‚Anderen Leistungsanbieters‘ sowie über das ‚Budget für Arbeit‘ in einer Power-Point-Präsentation und einem Vortrag informieren.“
Bei diesem ersten Gespräch mit dem Titel „Teilhabe durch Arbeit – Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch betriebliche Inklusion„, das in ähnlicher Form künftig in einigen Abständen wiederholt werden soll, sollen Arbeitgeber, die bereits einen Mitarbeitenden aus der Maßnahme des „Anderen Leistungsanbieters“ beschäftigen, anderen Betrieben von ihren Erfahrungen berichten – von Problemen, die es gab, aber eben auch von Dingen, die richtig gut liefen. „So sollen Berührungsängste abgebaut und ein realistisches Bild von Mitarbeitenden mit Beeinträchtigung vermittelt werden.“

KomMa
Autor: KomMa

Kommunikation und Marketing der Diakonie Rosenheim

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